Neues aus dem Schulmuseum Lohr a. Main

  „Ein Relikt aus der Strafpädagogik des 19. Jahrhunderts„

Auf dem Flohmarkt in Gemünden am 13. Juni 2009 erwarb der Leiter des Lohrer Schulmuseums für 5 € ein bemerkenswertes Erinnerungsstück der bis ins 20. Jahrhundert üblichen harten Strafpädagogik: eine Lederpeitsche (aus der Zeit um 1880) zur Bestrafung der Schüler an den französischen Volksschulen.
Solche Lederpeitschen wurden oft auch an deutschen Volksschulen, die unter französischem Einfluss standen, bis ins 20. Jahrh. verwendet.
Das interessante Strafinstrument wird nun bald nach einer entsprechenden Präsentation die Besucher an die Zeit erinnern, in der man glaubte, dass Schläge ein probates Mittel der Erziehung und Wissensvermittlung seien.
Lederpeitsche (aus der Zeit um 1880) zur Bestrafung der Schüler
Lederpeitsche (aus der Zeit um 1880) zur Bestrafung der Schüler an den französischen Volksschulen. Solche Lederpeitschen
wurden oft auch an deutschen Volksschulen, die unter französischem Einfluss standen, bis ins 20. Jahrh. Verwendet.

Wie wenig erfolgreich diese Form der Erziehung und Bildung war, zeigen die Einträge in den Schülerbögen einer hiesigen Volksschule aus der Zeit um 1900:

„Geistig arm, reich an Faulheit.“

„Ist auch durch Strenge nicht zum Fleiß zu bringen.“

„Ließe sich lieber totprügeln, als daß er einmal seine Hausaufgaben machen würde.“

„Scheut die geringste Anstrengung und findet zu Hause Unterstützung.“

„Ein abscheulicher Charakter, der es nur darauf anlegt, seinen Lehrer zu ärgern.“

„Ein Lügner und unverschämter Junge. Wie der Baum so die Frucht.“

„Äußerst roh und wild; bey strenger Bestrafung wird von den Eltern entgegengewirkt.“

„Tückisch, muthwillig und kam betrunken zur Schule und führte sich äußerst ungebührlich auf.“

„Ausgelassen und frech in und außer der Schule.“

„Schule und Kirche versäumt. Heimlicher Spötter.“

„Listig, tückisch und wurde wegen Ruhestörung in der Kirche bestraft.“

„Soll nachts herumstreunen, wird von den Eltern gesteift.“

„Mußte wegen Lügens und Langfingerei bestraft werden.“

„Verspricht nicht viel Gutes. Sittlich nicht zu loben. Roh!“

„Hat vor mehreren Mädchen sittenwidrige Lieder gesungen und hat sich beim Baden sehr schamlos benommen.“

„Wurde wegen schamlosen Betragens auf der Gasse gezüchtigt.“
(Anmerkung: Das Strafrecht des Lehrers erstreckte sich auch auf die Freizeit der Schüler/innen)

Karikatur über die Strafen an französischen Schulen, Litho um 1860:
Karikatur über die Strafen an französischen Schulen, Litho um 1860: Am Pult sitzt der Lehrer mit der Lederpeitsche,
davor knien Schüler mit übergestülpten Eselskappen.

Historischer Hinweis auf eine andere Pädagogik: Die Studienordnung der Jesuitengymnasien von 1599 empfahl den edlen Wetteifer (aemulatio) als „mächtigen Hebel des Fleißes“. Wetteifern sollte jeder gegen jeden, um Lob, gute Noten, ehrenvolle Plätze, um Klassenwürden und feierlich verkündete Preise. Es galt: Der Gute soll belohnt, der Schwache angespornt, aber nicht beschämt werden.
Warte, ich werde dir den Lehrer schon zeigen! Litho um 1850
„Warte, ich werde dir den Lehrer schon zeigen!“ Litho um 1850 Ein Schüler imitiert mit der Peitsche
den Lehrer und wird vom diesem überrascht.

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