Wie die Würzburger Hofbräu Mehrheit bei Stumpf bekam..

Würzburger Hofbraü

               Dieser Artikel ist aus dem Main Echo vom 17.2.2001

                 Die Gespräche liefen auf Top-Ebene seit
                 einiger Zeit unter größter Geheimhaltung

                 Der überraschende Einstieg der Würzburger
                 Hofbräu bei der Lohrer Privatbrauerei Stumpf (wir
                 berichteten ausführlich) war keine plötzliche
                 Entscheidung. »Die Gespräche liefen seit einiger Zeit«,
                 räumte die Mitgesellschafterin und Geschäftsführerin
                 Petra Stumpf-Mecklinger ein. Allerdings haben sich nicht
                 die Stumpfs der Konkurrenz angedient, sondern
                 Hofbräu-Vorstand Reinhard Meier war auf die Lohrer
                 Damen zu gegangen, erfuhr die Redaktion.

                 Hofbräu-Boss Meier hatte offenbar schon seit Jahren ein
                 Auge auf die Lohrer Brauerei geworfen und unter
                 anderem mit Neid, auf das geblickt, was beispielsweise
                 bei der traditionellen Spessartfestwoche in Lohr an
                 Verbundenheit mit der heimischen Brauerei zum Ausdruck
                 kam und was im Ausschank zu zählbaren Erfolgen führte.

                 Petra Stumpf-Mecklinger räumte ein, dass sie schon
                 sehr lange am überlegen war, wie die Zukunft der Lohrer
                 Brauerei gesichert werden könnte – und ob es noch
                 richtig sei, so weiter zu machen wie bisher. Seit
                 geraumer Zeit freundete sie sich mit dem Gedanken an
                 einen Zusammenschluss oder eine Kooperation mit einer
                 größeren Brauerei an. Und da traf es sich offenbar gut,
                 dass Hofbräu-Vorstand Meier wieder einmal versuchte,
                 »Kontakt aufzunehmen«. Der Würzburger AG-Chef selbst
                 glaubte dann zu einem nicht näher erläuterten Zeitpunkt
                 selbst, »es könnte sich eine Möglichkeit ergeben«.

                 Wie hoch ist die Beteiligung?

                 Nach längeren Gesprächen sei man dann zur Einigung
                 gekommen. Wie hoch die Mehrheitsbeteiligung der
                 Würzburger Hofbräu ab 1. März 2001 an der neuen
                 »Lohrer Bier GmbH« sein wird, rückten weder Petra
                 Stumpf-Mecklinger noch Reinhard Meier heraus – selbst
                 nicht auf mehrfaches Nachfragen. Sie wollten nicht
                 einmal sagen, ob sie näher an 50,1 oder 99 Prozent
                 liegt.

                 Ebenso wurde Stillschweigen über das vereinbart, was
                 man als »Preis« für die Fusion oder als Werteaustausch
                 bezeichnen könnte. Stillschweigen wahrte die TopEbene
                 beider Brauereien bis zuletzt auch gegenüber der
                 Belegschaft, während vor allem die
                 Außendienstmitarbeiter schon tagelang wegen der
                 umlaufenden Gerüchte genervt wurden.
                 Betriebsratsmitglied Hans Müller aus Wiesenfeld sagte
                 nur: »Die Woche war lang«. Der Geschäftsführung blieb
                 aber anscheinend zunächst verborgen, wie sehr die
                 Gerüchteküche schon kochte. Allerdings wurde die
                 Fusion auch erst wenige Stunden vor der Bekanntgabe
                 tatsächlich vertraglich besiegelt. 

                 Noch in der vergangenen Woche hatte der Betriebsrat
                 der Brauerei Stumpf in einer Aussprache mit der
                 Geschäftsführung erklärt bekommen, »die Brauerei ist
                 und wird nicht verkauft«. Dies hatten die Betriebsräte
                 der Brauereichefin auch abgenommen. Erst am
                 Donnerstag um 14 Uhr wurde der Betriebsrat dann über
                 die Mehrheitsbeteiligung der Hofbräu an Stumpf
                 unterrichtet. Anschließend sprach die Geschäftsleitung
                 mit den Abteilungsleitern. Daraufhin traten Petra
                 Stumpf-Mecklinger, ihre Tochter Daniela,
                 Geschäftsführer Klaus Müller und Hofbräu-Vorstand
                 Reinhard Meier vor die Stumpf-Belegschaft, um ihr das
                 Ergebnis zu verkünden und reines Bier einzuschenken.

                 Betroffen und geschockt waren vor allem die nun
                 unmittelbar vor der Kündigung stehenden 14 bis 16
                 Mitarbeiter der Abfüllung. Sie verließen wortlos die
                 Betriebsversammlung. Ihre Kündigungen erfolgen sehr
                 kurzfristig, denn noch vor der Biersaison soll bis
                 spätestens Mitte des Monats März die Abfüllung des
                 weiter in Lohr gebrauten Gerstensaftes nach Würzburg
                 verlegt werden. 

                 Es waren sichere Arbeitsplätze

                 Rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der insgesamt
                 56 Beschäftigten der Lohrer Brauerei werden ihre
                 Arbeitsplätze nach dem derzeitigen Stand der Dinge und
                 den Ankündigungen vom Donnerstag behalten. Zwei
                 Mitarbeitern der Abfüllung wird die Hofbräu einen
                 Wechsel nach Würzburg anbieten. 

                 Von 14 bis 16 Leuten will sich die Brauereiführung
                 möglichst sozialverträglich trennen. Sie verlieren ihren
                 Arbeitsplatz. Zusammen mit der Gewerkschaft soll ein
                 Sozialplan ausgehandelt werden. Die weiteren Schritte
                 sollen in einer Betriebsratssitzung am Montag erörtert
                 werden, deutete Betriebsrats-Schriftführer Hans Müller
                 an.

                 Die Arbeitsplätze in der Brauerei galten bisher mit als die
                 sichersten in ganz Lohr. Wer in der Brauerei anfangen
                 konnte, hatte meist ausgesorgt. Die Fluktuation in der
                 Belegschaft war gering. Als Beweis dafür bot sich der
                 derzeitige und künftige kaufmännische Geschäftsführer
                 Klaus Müller an, der vor sechs Jahren nach Lohr kam und
                 immer noch einer der »dienstjüngsten« bei Stumpf ist.

                 Die im einzelnen nach außen noch kaum bekannten
                 Abmachungen zwischen Stumpf und Hofbräu führten
                 offenbar doch zur Erleichterung bei den Stumpf-Damen.
                 Die Gefahr, auf dem hart umkämpften Biermarkt
                 zunächst vielleicht bei den Investitionen und dann auch
                 bei den Kunden nicht mehr mithalten zu können und
                 schließlich das ganze Unternehmen zu gefährden, schien
                 den Gesellschafterinnen offenbar zu groß.

                 Petra Stumpf (»Ich geh' in Rente«) will sich in einen
                 ihrer Ansicht nach auch bereits verdienten Ruhestand
                 zurückziehen. Tochter Daniela und ihr bisheriger
                 Mitgeschäftsführer Klaus Müller werden als
                 Geschäftsführer versuchen, die Anbindung an
                 Belegschaft und Kundschaft weiter zu pflegen. Petra
                 Stumpf-Mecklinger wird sich nicht aus der
                 Miteigentümerschaft verabschieden und wohl künftig als
                 Geschäftsführerin der Stumpf-Verwaltungsgesellschaft
                 mbH, also der bisherigen Komplementärin, der Brauerei
                 Stumpf GmbH & Co KG, bleiben. Obwohl auch darüber
                 noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein scheint.

                 Petra Stumpf-Mecklinger wollte den Schritt in die
                 Zukunft jedenfalls aus einer Position der Stärke heraus
                 tun, betont sie. Gemeinsam sollen Lohrer Bier und
                 Würzburger Hofbräu von Stumpf- und Konzernleuten
                 künftig auf den bei beiden Häusern vorhandenen
                 Vertriebsschienen an die Kundschaft gebracht werden. 

                 Randsorten werden gestrichen

                 Für die Kunden soll sich nichts ändern. Aber die haben
                 sich selbst gewandelt. Hofbräu-Chef Meier erinnerte
                 unter anderem an den Trend von einer Marke zum
                 Mehr-Biere-Ausschank in der Gastronomie. Zumindest
                 die Familie Stumpf hofft, dass ihre Fusionsentscheidung
                 auch in dieser Hinsicht richtig war und zur
                 »weitestgehenden Sicherung der Arbeitsplätze« führt.

                 »Details müssen noch besprochen werden«, versicherte
                 Hofbräu-Vorstand Meier. Von den elf Biersorten aus Lohr
                 wird er allerdings »die mit den geringsten Mengen mit
                 Sicherheit einstellen«, ließ er am Donnerstagabend vor
                 den Journalisten durchblicken.

                 Meier verwies in diesem Kreise auch auf das
                 erdrutschartige Brauereisterben in den letzten drei
                 Jahren (siehe Beitrag in der Donnerstag-Ausgabe
                 unserer Zeitung). Die 0,5-Promille-Grenze habe sich
                 negativ auf das Brauereigeschäft ausgewirkt. »Die
                 Gastronomie leidet«, bedauerte Meier und sah voraus,
                 dass mit der Vielfalt in der bayerischen Brauwirtschaft
                 »alte Kulturgüter untergehen werden«. In den nächsten
                 fünf bis zehn Jahren würden nach dem Verlust von
                 tausend Brauereien noch Hunderte »die Segel streichen
                 müssen«.-wl- 
 
 

Würzburger Hofbräu beteiligt sich an Brauerei Stumpf in Lohr

Würzburger Mehrheit / Fusion kostet 15 Arbeitsplätze

 Die Würzburger Hofbräu AG beteiligt sich mit einer Mehrheit an
der mittelständischen Privatbrauerei Stumpf GmbH & Co Kg in Lohr 

                                  Die Fusion des 123 Jahre alten
                 Traditionsunternehmens mit dem Regionalmarktführer
                 gaben Petra Stumpf-Mecklinger und Hofbräu-Vorstand
                 Reinhard Meier gestern Nachmittag in einer
                 Betriebsversammlung und am Abend in einer
                 Pressekonferenz bekannt.

                 Die nicht näher genannte Mehrheitsbeteiligung der
                 Hofbräu an der gemeinsamen »Lohrer Bier GmbH« erfolgt
                 zum 1. März 2001. Durch den Zusammenschluss werden
                 in Lohr voraussichtlich 14 bis 16 der insgesamt 56
                 Arbeitsplätze in der Brauerei verloren gehen. Vor allem
                 dadurch, dass die Abfüllung im Laufe des Monats März
                 nach Würzburg verlegt werden soll. 

                 Gebraut wird weiterhin in Lohr. Allerdings soll die elf
                 Biere umfassende Sortimentsstruktur der Lohrer Brauerei
                 gestrafft werden. Die langjährige Brauereichefin Petra
                 Stumpf-Mecklinger zieht sich aus der Geschäftsführung
                 zurück. Ihre Tochter, Daniela Stumpf, wird im neuen
                 Unternehmen als Geschäftsführerin für den Vertrieb
                 zuständig sein, der bisherige kaufmännische
                 Geschäftsführer Klaus Müller behält sein Ressort. Als
                 »Verbindungsoffizier« zu Lohr wird Marianne Schloßbauer
                 von der Hofbräu fungieren. 

                 Als Grund für den Zusammenschluss gaben die
                 Gesellschafterinnen der Lohrer Brauerei die
                 Konzentrationszwänge auf der Biermarkt an. Das
                 langfristige Überleben der Brauerei sei nur durch eine
                 Fusion mit einem starken Partner gewährleistet. 

                 Die Brauerei Stumpf brachte es zuletzt auf einen
                 Jahresausstoß von rund 70 000 Hektoliter, die
                 Würzburger Hofbräu mit 92 Beschäftigten auf 340 000
                 Hekto. Mehrheitsaktionär ist mit 86 Prozent August von
                 Finck, zu dessen Gruppe auch Spaten, Löwen und
                 Dinkelacker mit vier Millionen Hektoliter gehören. 

Dieser Artikel stammt auch  aus dem Main Echo vom 17.2.2001

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