Sonderausstellung im Lohrer Schulmuseum 
24. Mai bis 27. September 2015


Lohr a.Main nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs
Eine Kleinstadt unter amerikanischer Besatzung


Die Lohrer Mainbrücke nach der Sprengung durch deutsche Soldaten 1945; Kopie der Ölstudie von K. Vogelgsang
Die Lohrer Mainbrücke nach der Sprengung durch deutsche Soldaten 1945; Kopie der Ölstudie von K. Vogelgsang

Mit der Besetzung und Besatzung durch amerikanische Truppen begann auch für die Lohrer Bevölkerung ein neuer und ungewohnter Zeitabschnitt. Zahlreiche Verordnungen der Besatzer engten das Leben der Bürger ein.
US-Sternenbanner und amerikanische Besatzungssoldaten
US-Sternenbanner und amerikanische Besatzungssoldaten

Dass die amerikanischen Besatzer durchaus gewillt waren, ein strenges Regiment zu führen, dürfte den Lohrern spätestens beim Lesen der Bekanntmachung vom 11. Mai 1945 klar geworden sein. Dort heißt es: “Warnung. Jede Person, die Schwäzereien oder Gerüchte verbreitet, welche gegen die Militär-Regierung oder deren
US-Sternenbanner, Bekanntmachung („Warnung“) im „Mitteilungsblatt für die Aemter, Behörden und das Bürgermeisteramt Lohr“, Nr. 6 vom 11. Mai 1945 und Schlüsselbund als Hinweis auf drohende Gefängnisstrafen bei Vergehen gegen die Anordnungen der US-Militärregierung (Darstellung in einer Ausstellungsvitrine im Schulmuseum)
US-Sternenbanner, Bekanntmachung („Warnung“) im „Mitteilungsblatt für die Aemter, Behörden und das Bürgermeisteramt Lohr“,
 Nr. 6 vom 11. Mai 1945 und Schlüsselbund als Hinweis auf drohende Gefängnisstrafen bei Vergehen gegen die Anordnungen der US-Militärregierung (Darstellung in einer Ausstellungsvitrine im Schulmuseum)
Civilbehörde gerichtet sind, wird mit schweren Geldstrafen und Gefängnis bestraft. ( Ferner wird bekannt gemacht, daß es Civilpersonen verboten ist, mit amerikanischen Soldaten zu sprechen. Wenn eine Auskunft irgendwelcher Art notwendig ist, hat dieselbe über das Rathaus zu erfolgen. Jeder Hilfspolizist ist berechtigt, hier Verhaftungen vorzunehmen.“ Der Bürgermeister aus einem Nachbarort, der sich negativ über die Militäregierung geäußert hatte, musste 30 Tage im Lohrer Gefängnis (an gleicher Stelle befindet
US-Besatzungssoldaten vor dem damaligen Baywa-Gebäude; in der Mitte kniend der Lohrer Stadtkommandant (bis Herbst 1946) Captain Edward E. Kelly
US-Besatzungssoldaten vor dem damaligen Baywa-Gebäude; in der Mitte kniend der Lohrer Stadtkommandant
(bis Herbst 1946) Captain Edward E. Kelly
sich das heutige neue Rathaus) absitzen und dazu noch 500 RM Geldstrafe bezahlen.
Allerdings ließ sich das Verbot der Kontaktaufnahme (Fraternisierungsverbot) nicht lange aufrecht erhalten. Dafür sorgte auch manches deutsche Fräulein was wiederum den Redakteur des Мitteilungsblattes für die Aemter, Behörden und das Bürgermeisteramt Lohr zu einem mahnenden Artikel mit der Überschrift deutsche
US-Besatzungssoldaten – Aufnahme im städtischen Bürgermeisterhaus
US-Besatzungssoldaten – Aufnahme im städtischen Bürgermeisterhaus
Frauen sind leicht zu erobern leichter als das Deutschland der Männer veranlasste. Bemerkenswert ist, dass der Schreiber die Ursache dieses Fehlverhaltens im untergegangenen Dritten Reich zu erkennen glaubte, das zwar für persönliche und politische Freiheit nichts übrig hatte, nichts für die Freiheit, die vor allem der Mann liebt, wohl aber dem schrankenlosen Sichausleben und Sichaustoben volle Freiheit ließ. Da ließ man die Zügel am Boden schleifen. Und das war ja schon immer so in der Geschichte: Knechtschaft und Sitten- und Zuchtlosigkeit gehörten von jeher zusammen.“ Ansonsten war die Militäregierung mit der Umsetzung der Verbote schnell bei der Hand.
US-Sternenbanner, Bekanntmachung („Warnung“) im „Mitteilungsblatt für die Aemter, Behörden und das Bürgermeisteramt Lohr“, Nr. 6 vom 11. Mai 1945 und Schlüsselbund als Hinweis auf drohende Gefängnisstrafen bei Vergehen gegen die Anordnungen der US-Militärregierung (Darstellung in einer Ausstellungsvitrine im Schulmuseum)
Die obere Hauptstraße –  das US- Sternenbanner (rechts) zeigt die Präsenz der Besatzungsmacht an.
 Als sich durch Nichteinhaltung der bestehenden Verkehrsvorschriften in der Lohrer Hauptstraße ein Unfall ereignete, ordnete die Militäregierung mit sofortiger Wirkung die Sperrung der Hauptverkehrsstraßen für Fuhrwerke u. Fahrzeuge an Warum entsprechend einer Bekanntmachung vom 12. Juni 1945 selbst das "Kartenlegen oder Wahrsagen strengstens verboten war und bestraft werden sollte, erscheint uns heute doch etwas übertrieben. Neben den vielen Einschränkungen durch die Besatzer litt die Lohrer Bevölkerung sehr unter den Lebensbedingungen und der schwierigen Bewältigung des Alltags.
Die durch Kampfeinwirkungen 1945 zerstörten Anwesen des Messerschmieds Friedel und das Weigandshaus
Die durch Kampfeinwirkungen 1945 zerstörten Anwesen des Messerschmieds Friedel und das Weigandshaus

Deutlich wird dies in den Leitartikeln usw. des Mitteilungsblattes:

„Ruinen sehen uns an“
„In den Fensterhöhlen wohnt das Grauen.“
„Die Wohnungsnot Bitte und Warnung“
„Pechvögel“
„Schutthalden Misthalden“
„Was wird aus unserer Brücke?“
„Wann geht für uns die Eisenbahn wieder?“
„Ein Höraum für Lohr?“
„Die Brotration ist knapper geworden.“
„Für unsere Hausfrauen Einige Sparrezepte unter Verwendung von Oel.“

Behelfswohnhaus 1945 für eine siebenköpfige Familie in Lohr Sackenbach und Leitartikel im „Mitteilungsblatt für die Aemter, Behörden und das Bürgermeisteramt Lohr“,
Behelfswohnhaus 1945 für eine siebenköpfige Familie in Lohr Sackenbach und Leitartikel im „Mitteilungsblatt für die Aemter,
 Behörden und das Bürgermeisteramt Lohr“,
Trotz aller Beschwernisse sah man in Lohr durchaus positive Möglichkeiten für die zukünftige Bedeutung der Stadt. Unter dem Titel Зat Lohr eine Chance? war im Мitteilungsblatt für die Aemter, Behörden und das Bürgermeisteramt Lohr am 11. Mai 1945 u.a. zu lesen: Wir könnten uns denken, daß in unserem Lohr so manches erledigt werden kann und muß, was bisher die zerstörten Städte der Nachbarschaft zu erledigen hatten. Schulen, Aemter, Betriebe könnten hierher verlagert werden. ( Der Ernst der Stunde verbietet Träumereien, und unser Lohr kann natürlich nicht die Metropole Mainfrankens werden. Wir wollen und müssen die Kirche im Dorf lassen, aber es scheint uns doch, als ob die Stadt eine Stunde habe, die es zu nützen gilt. Sie hat eine Chance.“
Die Hinterlassenschaft des Krieges – Fundmunition gefährdet das Leben der spielenden Kinder: explodierte Granaten und ein warnender Hinweis im Mitteilungsblatt am 5. Juni 1945: „Schon wieder ein Explosions-Unglück!“
Die Hinterlassenschaft des Krieges – Fundmunition gefährdet das Leben der spielenden Kinder: explodierte Granaten und ein
warnender Hinweis im Mitteilungsblatt am 5. Juni 1945: „Schon wieder ein Explosions-Unglück!“
Die Hinterlassenschaft des Krieges – Fundmunition gefährdet das Leben der spielenden Kinder: explodierte Granaten und ein warnender Hinweis im Mitteilungsblatt am 5. Juni 1945: „Schon wieder ein Explosions-Unglück!“ Dazu ein „Kindergemälde“: „Nicht mit Granaten spielen! Gefahr!“
Die Hinterlassenschaft des Krieges – Fundmunition gefährdet das Leben der spielenden Kinder: explodierte Granaten und ein warnender
Hinweis im Mitteilungsblatt am 5. Juni 1945: „Schon wieder ein Explosions-Unglück!“ Dazu ein „Kindergemälde“:
„Nicht mit Granaten spielen! Gefahr!“
 
Das Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Lohr-Sendelbach ist von Mittwoch bis Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Gruppen können auch nach vorheriger Absprache außerhalb der regulären Öffnungszeiten das Museum besuchen. (Kontakt: Eduard Stenger, Zum Sommerhof 20, 97816 Lohr a.Main; Tel. 09352/4960 oder 09359/317, e-Mail: eduard.stenger@gmx.net )

Ernst Huber
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