Sonderausstellung im Lohrer Schulmuseum
ab 26. Jan. 2014 bis 6. Jan. 2015

„Meine Feder werd' zur Lanze!“
Erziehung zum Krieg 1914-1918
„Meine Feder werd' zur Lanze!. Dazu Schreibset (Eigenanfertigung) mit „Tintenfässchen“ aus Granatzündern, um 1915.
„Meine Feder werd' zur Lanze!. Dazu Schreibset (Eigenanfertigung) mit „Tintenfässchen“ aus Granatzündern, um 1915.

Überzogener Patriotismus und kritiklose Anpassung an die politischen Kräfte des Staates bestimmten von Beginn des Ersten Weltkriegs an das Schulwesen und die gesamte Erziehung in dieser Zeit. Viele Pädagogen sahen in dem Krieg die Möglichkeit einer umfassenden „sittlichen Hebung, Erneuerung, Erstarkung“ (Schulanzeiger vom 5. Okt. 1914).
Entsprechend wurden die Schulen unter dem Stichwort „Kriegsunterricht“ auf den Krieg eingestimmt. Dazu zählten auch die Kriegsaufsätze, in denen das Geschehen an den Fronten von den Schülern verarbeitet bzw. die Kampfmoral an der „Heimatfront“ über die Schule wieder gehoben werden sollte.
„Meine Feder werd' zur Lanze!, Gedicht auf der Titelseite der Kinderzeitung  „Jugendborn“, Beilage zum „Fränkischen Volksblatt“, Nr. 33 vom Oktober 1914
„Meine Feder werd' zur Lanze!, Gedicht auf der Titelseite der Kinderzeitung  „Jugendborn“, Beilage zum „Fränkischen Volksblatt“, Nr.33 vom Oktober 1914

Postkarte „Der kleine Generalstab“ im Klassenzimmer – eine Werbekarte des Deutschen Schulvereins.
Postkarte „Der kleine Generalstab“ im Klassenzimmer – eine Werbekarte des Deutschen Schulvereins.
„Der Kriegs-Struwwelpeter – lustige Bilder und Verse“, 1915
„Der Kriegs-Struwwelpeter – lustige Bilder und Verse“, 1915
In dem „Kriegs-Struwwelpeter“ als Mittel der deutschen Kriegspropaganda wurden die Gegner verspottet. Die Titel hießen nun in Abänderung des bekannten Kinderbuches „Der Struwwelpeter“ z. B. „Die Geschichte vom bösen Nikolai“, „Die Geschichte vom Blockade-John“ usw.
Seite im „Kriegs-Struwwelpeter“
Seite im „Kriegs-Struwwelpeter“

Eines der Themen war die Verherrlichung des „Heldentodes“.
Was die Schüler dazu zu schreiben hatten, zeigen die zwei nachfolgenden Aufsätze anlässlich der Entlassungsprüfung aus der Volksschule in Roden im Kriegsjahr 1915:
„Lieber Freund!
Ich habe gehört, daß Dein Vater im Kriege gefallen ist. Der Tod im Feld ist der schönste, den es gibt. Es gibt ja ein Wiedersehen in der Ewigkeit. Er hat ja auch für das ganze Vaterland gestritten. Es ist ja traurig für eine Familie, wenn ein Vater fern im Felde sterben muß. Und wenn der Krieg ein Ende nimmt, werden viele nicht mehr kommen. Ich bedaure Deinen Vater. Der Herr gib ihm die Ewige Ruhe. Kümmere Dich nicht so arg um das Unglück. Es können nach dem Krieg auch wieder bessere Zeiten kommen. In der Hoffnung, daß wir uns bald einander wiedersehen, verbleibe ich
Dein Freund
Michael.“

Eine Schülerin schrieb:
„Liebe Freundin!
Deinen letzten Brief habe ich erhalten und 
daraus entnommen, daß Dein lieber Bruder den Heldentod fürs Vaterland gestorben ist. Ich spreche also hiermit mein herzlichstes  Beileid aus. Tröste Dich, liebe Freundin, mit den vielen anderen Familien, deren Väter und Brüder schon gefallen sind. Es gibt ja keinen schöneren Tod auf der Welt als der Tod fürs Vaterland und gibt es in der Heimat kein Wiedersehn mehr, so gibt es doch noch ein viel schöneres Wiedersehn in der anderen Welt im Himmel. Mache es Dir also nicht so schwer und vertraue auf Gott, denn was Gott tut, ist wohl getan. Es wird schon wieder anders werden und hoffentlich wird auch der Krieg bald ein Ende nehmen.
Laß bald wieder einmal was von Dir hören.
Es grüßt Dich
herzlichst
Deine treue Freundin
Anna.“
Postkarte „Unsere jüngsten Feldgrauen“, um 1915 – typische Propagandapostkarte, in der der Krieg verniedlichend als ein unterhaltsames Abenteuer mit Spaßcharakter dargestellt wird.
Postkarte „Unsere jüngsten Feldgrauen“, um 1915 – typische Propagandapostkarte, in der der Krieg verniedlichend als ein
 unterhaltsames Abenteuer mit Spaßcharakter dargestellt wird.

Wie umfassend das Kriegsgeschehen die Kinder in Freizeit und Schule in Beschlag nahm, wird auch in dem am 1. März 1915 an der Volksschule in Neustadt am Main gestellten Aufsatzthema „Was für unsere Soldaten in unserer Gemeinde Gutes getan wurde“ deutlich.
Eine Schülerin schrieb: „Wir leben zur Zeit in einem großen und schweren Krieg, und unsre lieben Soldaten haben auf allen Seiten unseres Vaterlandes zu kämpfen. Aber wir zu Hause vergessen sie nicht; in unserer Gemeinde wurden schon im September (1914, also ein Monat nach Kriegsbeginn) Liebesgaben, wobei viele Äpfel, Birnen, Likör und Schile (Gelee)  zusammengebracht wurde, gesammelt. Wir in der Schule sammeln jeden Sonntag Pfennige und kaufen Cigarren, die wir ihnen fortschicken. Anfangs Winter strickten die Mädchen Socken, Ohrenschützer, die ältesten machten Leibbinden. Die Soldaten bedankten sich auch herzlich. Endlich als die Wollwoche kam und wir sammelten, da bekamen wir nicht nur Lumpen, sondern auch viele wollene Decken, die den Soldaten gleich fortgeschickt werden konnten.
Aber nicht nur leiblich taten wir ihnen Gutes, sondern wir beten auch alle Tage für sie, daß sie wieder alle gesund in die Gemeinde zurückkehren.“
Kriegspropanda-Postkarte um 1914 „O Hindenburg, tu weiter siegen, damit wir wieder schulfrei kriegen!“
Kriegspropanda-Postkarte um 1914 „O Hindenburg, tu weiter siegen, damit wir wieder schulfrei kriegen!“

Unter der Überschrift „Kriegsaufsätze für die Volksschule“ schlug der Schulanzeiger für Unterfranken und Aschaffenburg 1915 weitere „wichtige“ Themen zur Bearbeitung in den Deutschunterrichtsstunden vor: „Die Russen in Ostpreußen, Hindenburg (Bildbesprechung), Kriegsernährung, Die Metallsammlung, Das Feldpostpaket, England will uns aushungern, Deutscher Heldenmut, Morgen marschieren wir, Morgenrot, Der Abschied, Freude im Schützengraben, Im Lazarett, Unsere Verwundeten, Eine Kriegerbeerdigung, Ein Soldatengrab, Ich hatt' einen Kameraden,“ usw.
„Vaterländisches Weihespiel – Der König rief und alle kamen.“ des Lohrer Katholischen Jünglingvereins am 16. Juli 1916 - Wehrerziehung durch Rückbesinnung auf die Freiheitskriege 1813–1815.
„Vaterländisches Weihespiel – Der König rief und alle kamen.“ des Lohrer Katholischen Jünglingvereins am 16. Juli 1916 -
Wehrerziehung durch Rückbesinnung auf die Freiheitskriege 1813–1815.

Was der „Heldentod“ in Mark und Pfennig wert war, hatten die Volksschüler ebenfalls bei der Schulentlassungsprüfung 1915 zu errechnen:
„Ein Vater hat seine 3 Söhne im Felde bei der deutschen Kriegsversicherung versichert und zwar den jüngsten mit 15 M, den 2ten mit 25 M und den 3ten mit 35 M. Die 3 Söhne fallen.
Was erhält der Vater, wenn der 26 4/5 fache Betrag der Einzahlung ausbezahlt wird?“
Dem Vater wären der Rechnung zufolge für seine drei gefallenen Söhne 2010 Mark oder 670 Mark für einen toten Sohn von der deutschen Kriegsversicherung ausbezahlt worden.
„Vaterländische Frühlingsfeier“ der Lohrer Höheren Mädchenschule der Franziskanerinnen am 23. Mai 1917 - „Besonderen Beifall fand der Flieger- und Keulen-Reigen.“
„Vaterländische Frühlingsfeier“ der Lohrer Höheren Mädchenschule der Franziskanerinnen am 23. Mai 1917 -
„Besonderen Beifall fand der Flieger- und Keulen-Reigen.“

Als der Bewegungskrieg bei Verdun in einen verlustreichen Stellungskrieg überging, und das strapaziöse Leben in Schützengräben und Erdlöchern die Soldaten demoralisierte, wechselten die Kriegspädagogen das Thema. Durchhalteparolen waren nun gefragt, entsprechend war auch das Aufsatzthema zur Abschlussprüfung an den Volksfortbildungsschulen im Jahr 1916:
„Dein Bruder, der im Felde steht, wird mutlos; schreibe ihm einen ermunternden Brief!“
Ein Neustädter Schüler schrieb:
„Lieber Bruder!
Wie wir aus Deinem letzten Briefe vernommen haben, will Dir der Mut sinken, worüber wir sehr erschrocken sind. Du warst doch immer so sehr diensteifrig, Du gingst doch immer kampfesmutig vom Elternhause fort und warum willst Du jetzt nicht mehr ausdauern und ausharren bis wir den Sieg errungen haben?
Lieber Bruder! Deine Kameraden müssen doch auch draußen sein und müssen das Gleiche mitmachen wie Du. Denke nur an, wenn jeder Soldat sein Gewehr und alles was er hat wegwerfen würde, ach was gäbe das für einen Zustand was für ein Spektakel. Ach wie bald wären wir ins Unglück gestürzt. Für immer und ewig wäre uns die Freiheit genommen. Du kannst Dir das leicht vorstellen, wie das ist, wenn man einmal in feindlichen Händen ist, wie man da behandelt wird. Hoffentlich wenden sich Deine Gedanken wieder um. Lasse den Mut nur nicht wieder sinken. Bete nur fleißig zu unserem Herrgott und er wird Dir schon wieder Mut verleihen.
Sei herzlich gegrüßt von
Deinem
Dich liebenden Bruder
Gustav.“
Dieser Aufsatz wurde vom Lehrer mit der Note 1 bewertet. Zum gleichen Thema schrieb eine Schülerin aus Rodenbach:
„Lieber Bruder!
Deinen lieben Brief habe ich erhalten. Ich erfuhr daraus, daß Du noch gesund und munter bist. Dies kann ich auch noch von mir berichten.
Auch hast Du geschrieben, daß Du durch die vielen Gefahren und Anstrengungen bald mutlos werden willst.
Lieber Bruder! Werde doch nicht mutlos! Denke einmal, wenn alle mutlos würden, wie würde es dann in Deutschland aussehen. Gerade so wie in Frankreich. Also denke: In Gottes Namen trage alles mit Geduld, denn Du kämpfst fürs Vaterland und für uns in der Gemeinde!
Auf baldiges Wiedersehen
grüßt Dich
Deine Dich liebende Schwester
Gertraud.“
In wieweit derartige Kriegsaufsätze Auswirkungen auf den Kriegsverlauf hatten, lässt sich heute wohl kaum nachweisen. Sie zeigen aber, wie skrupellos die Schüler und die Institution Schule von politischen und gesellschaftlichen Kräften des Staates missbraucht wurden.
Die Lohrer Jugendwehr 1915:
Die Lohrer Jugendwehr 1915:
In der am 3. Oktober 1914 in Bayern gegründeten Jugendwehr sollten bei den „Jungmannschaften“ ab dem 16. Lebensjahr die
 „körperlichen und geistigen Eigenschaften entwickelt werden, die die Grundlage für die militärische Brauchbarkeit und Tüchtigkeit bilden.“
 (Aus: Richtlinien für die militärische Jugenderziehung 1914). Die Teilnahme war freiwillig.

Übrigens: Wer bei solchen Aufsätzen den offiziellen Erwartungen nicht entsprach, musste mit Strafmaßnahmen rechnen, so der Primaner Bertolt Brecht. Als er 1916 den horaz'schen Spruch, „Dulce et decorum est pro patria mori“ (= süß und ehrenvoll ist es für das Vaterland zu sterben), ein Standard-Aufsatzthema des Ersten Weltkriegs, zu bearbeiten hatte, schrieb er im Gegensatz zu der von seinen Lehrern erwarteten Glorifizierung des Heldentodes: „Der Ausspruch, daß es süß und ehrenvoll sei, für das Vaterland zu sterben, kann nur als Zweckpropaganda gewertet werden. Der Abschied vom Leben fällt immer schwer, im Bett wie auf dem Schlachtfeld, am meisten gewiß jungen Menschen in der Blüte ihrer Jahre. Nur Hohlköpfe können die Eitelkeit so weit treiben, von einem leichten Sprung durch das dunkle Tor zu reden, und auch dies nur, solange sie sich weit ab von der letzten Stunde glauben. Tritt der Knochenmann aber an sie selbst heran, dann nehmen sie den Schild auf den Rücken und entwetzen, wie des Imperators feister Hofnarr (Horaz) bei Philippi, der diesen Spruch ersann.“
Wegen seiner als Provokation von den Lehrern empfundenen Bewertung des Spruches wäre Brecht fast von der Schule verwiesen worden, und im Schulzeugnis 1916 wurde sein Betragen als „nicht tadelsfrei“ bezeichnet.
Der Lohrer Gymnasiast Bruno Rothschild, 1918 als Infanterist im traditionsreichen seit 1722 bestehenden 5. Infanterieregiment.
Der Lohrer Gymnasiast Bruno Rothschild, 1918 als Infanterist im traditionsreichen seit 1722 bestehenden 5. Infanterieregiment.
Nach dem Ende des Krieges 1918 besuchte er ab 15. Januar 1919 einen Sonderkurs am Lohrer Gymnasium. Da er im Mai 1919
zusammen mit 9 weiteren Lohrer Abiturienten in das Freikorps Epp eingetreten war, erhielt er ohne die üblichen Abiturprüfungen im Juli 1919
das Reifezeugnis („Kriegsabitur“). Möglicherweise bekam er auch wegen seines Einsatzes im Freikorps gegen linksradikale Aufstände,
gewissermaßen als Bonus, ein besseres Abiturzeugnis, denn im Zeugnisentwurf wurden die ursprünglichen Noten „ausreichend“ in zwei
Fächern durchgestrichen und durch „gut“ ersetzt und in einem weiteren Fach (Mathematik) die Note „zwei“ in eine „eins“ geändert.

Es braucht eigentlich nicht nochmals erwähnt zu werden, dass alle Schulfächer und das gesamte Schulleben auf den Krieg als Unterrichtsprinzip ausgerichtet wurden, vom Fach Religion („Der deutschen Jugend soll vor Augen geführt werden, daß auch im Krieg der Gerechte und Tüchtige auf die göttliche Hilfe bauen darf.“, bis hin zum Singunterricht („Kein schön'rer Tod ist in der Welt, als wer vom Feind erschlagen.“)

Mehr und mehr beanspruchte der Krieg auch die Freizeit der Schüler durch Sammlungen und Arbeitseinsätze. Immer wieder wurde über den „Schulanzeiger“ in entsprechenden Bekanntmachungen und mit Nachdruck auf diese „Kriegsmaßnahmen“ verwiesen (z.B. „Sammlung von Obstkernen“ zur Gewinnung von Öl und Fett, Sammeln von Patronenhülsen usw. bis hin zur „Verwendung der Schuljugend zu landwirtschaftlichen Arbeiten“, vor allem bei der Getreide- und Kartoffelernte, wobei die Schüler notfalls auch vom Schulbesuch befreit werden konnten.
Hinzu kam noch die Teilnahme an der am 3. Oktober 1914 in Bayern gegründeten Jugendwehr. Hier waren es vor allem Lohrer Gymnasiasten, die sich fast klassenweise an den freiwilligen vormilitärischen Übungen beteiligten.

Erst nach dem Ende des Krieges bemerkten Pädagogen die negativen Auswirkungen des Kriegsunterrichts, und im Schulanzeiger aus dem Jahr 1919 heißt es u.a.: „Beschämt stehen wir vor den Trümmern. Und viele werden vor den Kindern die richtigen ersten Worte nicht gefunden haben oder nicht finden.“

Die Jahresausstellung im Gewölbekeller des Museums ermöglicht dem Besucher viele interessante Einblicke in das Erziehungsgeschehen vor 100 Jahren, das wie noch nie zuvor den kriegsbedingten Erfordernissen angepasst worden war - eine Entwicklung, die sich im Zweiten Weltkrieg 1939-1945 fortsetzte.


Zehn Gebote einer Kriegspädagogik:

1. Du sollst auf Zucht und Ordnung sehen unter deinen Schülern und sie nach wie vor anhalten zu pflichtmäßiger Erfüllung dessen, was ihnen obliegt. Denn du bist deinem Volk heute mehr denn je verantwortlich für die nächste Generation. Aber darum sei doch kein Schultyrann, heute weniger als je, und verstehe die Kunst, gelegentlich auch fünf gerade sein zu lassen. Und gib ihnen nicht viel auf, sie müssen ja täglich die Zeitung lesen.

2. Du sollst den Krieg nicht zum Amüsement werden lassen für die Schuljugend; denn er ist eine gar ernste Sache. Darum feiere nicht jeden Sieg durch einen schulfreien Tag.

3. Du sollst deine Schüler zu Staatsbürgern erziehen. Du hast jetzt die beste Gelegenheit dazu, denn der Krieg ist ein staatsbürgerlicher Erzieher allerersten Ranges.

4. Du sollst noch interessanter unterrichten, als es sonst schon deine Pflicht war; denn die Gedanken der Schüler gehen jetzt gar zu leicht ihre eigenen Wege. Deshalb setze allen Unterricht in Beziehung zu den Ereignissen des Tages und der Stunde. Wo es sich leicht macht, da laß dir die Gelegenheit ja nicht entgehen; wo es schwer ist, da ziehe sie getrost an den Haaren herbei.

5. Du sollst noch mehr als bisher jede Stunde zu einer deutschen Stunde machen und deine Schüler lehren den Stil des Generalquartiermeisters v. Stein. Das kannst du auch im Lateinischen tun und in der Mathematik.

6. Du sollst im deutschen Unterricht Schiller lesen, soviel du kannst und magst; denn er ist doch der männlichste unter unseren Dichtern; und Ästheten zu erziehen, hat vorläufig keinen Wert mehr.

7. Du sollst im Geschichtsunterricht viel von Schlachten reden und dich freuen, daß du es wieder tun darfst unbeschrieen; deine Jungen interessieren sich dafür und können sie in den Pausen gleich umsetzen in die Praxis, das tut ihnen gut. Und du sollst sie sachte hinweisen auf das Schreiten der Gottheit in der Geschichte, das sich heute so wunderbar und wundervoll unter uns offenbart.

8. Du sollst dich nicht ängstlich kümmern um Lehr- und Stundenplan. Ist dir vorgeschrieben, von Hinterindien zu reden, so mache ruhig eine Kriegsstunde daraus und führe deine Tertianer den Weg von Metz nach Paris oder zu den Masurischen Seen. Auch in der Schulbehörde sitzen keine Unmenschen, sondern vernünftige und patriotische Männer.

9. Du sollst dir überlegen, ob nicht wirklich ein Unterschied ist zwischen Mann und Frau und zwischen dem Heldentum des Mannes und dem Heldentum der Frau; deshalb darfst du dir die Frage der Koeduktion nie wieder zum Problem werden lassen, auch wenn du schon Geheimer Studienrat bist. Denn wir brauchen männliche Männer und wir brauchen frauliche Frauen, und jeder Teil hat seine besondere Gabe und Aufgabe im Krieg.

10. Du sollst dich freuen, daß es aus ist mit dem Jahrhundert des Kindes; denn das war ein törichtes Schlagwort. Unsere Heerführer sind Männer zwischen 50 und 70 Jahren und auch die rührenden Knaben, die als die Jüngsten so todesmutig hinausziehen ins Feld, werden als ernste Männer heimkehren von ihrer schweren Männerarbeit und auch der Zeit nachher ihren Stempel aufdrücken.

Autor: Theobald Ziegler (1846-1918), Gymnasiallehrer, Philosoph, Autor des Buches: „Die geistigen und socialen Strömungen des 19. Jahrhunderts“, zuerst veröffentlicht im „Schwäbischen Merkur“, nachgedruckt in „Hamburger Lehrerzeitung“ (1914)
Das Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Lohr-Sendelbach ist von Mittwoch bis Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Gruppen können auch nach vorheriger Absprache außerhalb der regulären Öffnungszeiten das Museum besuchen.
(Kontakt:
Eduard Stenger, Zum Sommerhof 20, 97816 Lohr a.Main; Tel. 09352/4960 oder 09359/317, e-Mail: eduard.stenger@gmx.net
Ernst Huber
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