„Mümmelmänner, Kaninchen und Osterhasen!
Frühlingsausstellung im Lohrer Schulmuseum“
vom 02.03.2016 - 26.06.2016
Titelbild „Märchen-Ostern“, Bilderbuch von 1927
Titelbild „Märchen-Ostern“, Bilderbuch von 1927

Wer freut sich nicht, wenn die Tage endlich wieder länger werden, die Luft milder und die Natur grüner? Flora und Fauna erwachen und wir feiern das Fest der Auferstehung, Ostern.
Und was gehört für Kinder einfach zu Ostern dazu? Natürlich der Osterhase, der bunte Ostereier und kleine Geschenke bringt.
Seinen Ursprung hat dieser Brauch nach Jacob Grimm im germanischen Frühlingsfest der Göttin Ostara. Ihre Begleiter, die Hasen, galten als Fruchtbarkeitssymbole ebenso wie die Eier. Noch heute sagt man „Sie vermehren sich wie die Karnickel!“, und meint damit die Kaninchen, die sehr fortpflanzungsfreudig sind.
„Vom Hopperl, vom Stopperl und vom Springerl“, Bilderbuch um 1930„Vom Hopperl, vom Stopperl und vom Springerl“, Bilderbuch um 1930
„Vom Hopperl, vom Stopperl und vom Springerl“, Bilderbuch um 1930

Selbst Papst Franziskus bezog sich kürzlich auf diese Redensart. "Manche Menschen glauben - entschuldigen Sie den Ausdruck -, dass sich gute Katholiken wie Karnickel vermehren müssen", sagte der Papst zum Verbot von Verhütungsmitteln seiner Kirche. Er empfiehlt drei Kinder pro Elternpaar.

Zwischen Kaninchen und Hasen besteht jedoch ein großer Unterschied. Es handelt sich um zwei eigenständigen Arten, die auch nicht miteinander gekreuzt werden können.
So stammen unsere Kaninchen und die als Zuchtformen bekannten Stallhasen, die richtigerweise „Stallkaninchen“ heißen müssten, ursprünglich aus Spanien, und wurden schon von den alten Römern als Fleisch- und Felllieferant gezüchtet und verbreitet.
Kaninchen haben mehrere Würfe im Jahr mit bis zu 12 Jungen, die nackt in einer Höhle zur Welt kommen.
Unser Feldhase dagegen wirft nur 3 – 4 mal im Jahr 1- 5 Junge, die mit Fell in einer Kuhle, der sog. Sasse, geboren und gesäugt werden.
Dazu passt eine Stelle aus dem Buch „Die Waldzeitung“*, das in der DDR Kindern die Natur erklären sollte: „...Und wieder liegen die kleinen Hasen still unter ihrem Busch. Ihre richtige Mutter gibt sicher auch anderen kleinen Hasenkindern zu trinken. So sind also bei den Hasenmüttern alle kleine Hasen gewissermaßen Gemeineigentum. Wenn eine alte Häsin irgendwo kleine Häschen findet, gibt sie ihnen zu trinken, ganz gleich, ob es ihre eigenen oder fremde sind.“
Kommunismus bei den Hasen?
Vorbild für die Kleinkinderziehung in der DDR?
Hier zeigt sich sehr deutlich, wie Kinder schon sehr früh politisch indoktriniert wurden.

Dass gerade Kinder Hasen/Kaninchen lieben, ist einleuchtend, wenn man die niedlichen, meist sanften Fellbüschel anschaut.
Schon im Kindergarten wird „Häschen in der Grube“ gespielt, und in vielen Kinderbüchern sind die Tiere naturgetreu oder vermenschlicht abgebildet.
Krankes Häschen, aus: „Für Mutter und Kind“, Bilderbuch aus der Kaiserzeit
Krankes Häschen, aus: „Für Mutter und Kind“,
Bilderbuch aus der Kaiserzeit
„Die Häschenschule“, um 1935 (Erstausgabe 1924)
„Die Häschenschule“, um 1935 (Erstausgabe 1924)
Hasen gelten aber auch als die sprichwörtlichen „Angsthasen“ und wenn man ein Hasenfuß ist, hat man nicht besonders viel Mut. So stellt der Hase seine Löffel, beim kleinsten Geräusch bereit zur Flucht.
Das Buch „Die Häschenschule“‪**, das 1924 in Erstauflage erschien, erinnert an die Erziehungsziele der Kaiserzeit: Untertänigkeit und Gehorsam.
Auch Einfältigkeit wird dem Hasen zugeschrieben, wenn er in der bekannten Geschichte von „Hase und Igel“ vom Igel so hintergangen wird, dass er am Ende des Rennens tot zusammenbricht.
„Hase und Igel“, Ravensburger Spiel, 1979
„Hase und Igel“, Ravensburger Spiel, 1979
In der Fabel heißt der Hase übrigens Meister Lampe, in der Jägersprache wird der helle Fleck unter dem Hasenschwänzchen als Lampe bezeichnet.
Im „Struwwelpeter“*** kommt dem Hasen eine ganz neue Rolle zu. In der Geschichte vom wilden Jäger klaut der Hase dem Jäger das Gewehr und schießt auf ihn:
„Das Häschen sitzt im Blätterhaus
und lacht den wilden Jäger aus.
…..
Und als der Jäger schnarcht und schlief,
der Has ganz heimlich zu ihm lief
und nahm die Flint und auch die Brill
und schlich davon ganz leis und still.

Die Brille hat das Häschen jetzt
sich selbst auf seine Nas gesetzt;
und schießen will´s aus dem Gewehr.
Der Jäger aber fürcht sich sehr.

Er läuft davon und springt und schreit:
„Zu Hilf, ihr Leut, zu Hilf, ihr Leut!“

Da kommt der wilde Jägersmann
zuletzt beim tiefen Brünnchen an.
Er springt hinein. Die Not war groß;
es schießt der Has die Flinte los.

Des Jägers Frau am Fenster saß
und trank aus Ihrer Kaffeetaß.
Die schoß das Häschen ganz entzwei;
da rief die Frau: „O wei! O wei!“

Doch bei dem Brünnchen heimlich saß
des Häschens Kind, der kleine Has.
Der hockte da im grünen Gras;
dem floß der Kaffee auf die Nas.
Er schrie: „Wer hat mich da verbrannt?“
und hielt den Löffel in der Hand.“

Der Hase - ewig verfolgt, wehrlos, immer auf der Flucht - nimmt hier sein Schicksal bzw. die Flinte in die eigene Hand und dreht den Spieß um. Der Jäger wird zum Gejagten, der Hase zum Jäger.
Kleine Anmerkung: Als Bunny erlangte das Häschen einen Bekanntheitsgrad der besonderen Art.
zwei Porzellanhasen
Porzellanhasen
Die Ausstellung ist vom 02.03.2016 bis zum 26.06.2016 im Lohrer Schulmuseum zu sehen.
Gezeigt werden neben Bilder- und Lehrbüchern auch Spiele, Figuren, füllbare Ostereier aus Porzellan und Pappmaché von der Kaiserzeit bis heute sowie Durchsichtbilder zum Thema Frühling und Ostern.
Texte und Fotos von Bettina Merz, Mitarbeiterin des Lohrer Schulmuseums

Das Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Lohr-Sendelbach ist von Mittwoch bis Sonntag und an allen
gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr geöffnet. Gruppen können auch nach vorheriger
Absprache außerhalb der regulären Öffnungszeiten das Museum besuchen.
(Kontakt: Eduard Stenger, Zum Sommerhof 20, 97816 Lohr a.Main;
Tel. 09352/4960 oder 09359/317,
e-Mail: eduard.stenger@gmx.net)

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