Badekulturen

Das Bad in der byzantinischen Zeit

Als mein guter Bekannter (man kann fast sagen mein Freund) Kaiser Konstantin (eine Aufstellung der byzantinischen Herrscher findet Ihr hier mit einer Zeittafel zur Entwicklung des Byzantinischen Reiches) die Hauptstadt des römischen Reiches von Rom nach Byzanz (dem heutigen Istambul) verlegte, übernahm er auch zunächst die Form der römischen Badekultur, allerdings galt das nur für die Palastbäder. Die öffentlichen Bäder waren durch politische und wirtschaftliche Krisen dem Verfall anheim gestellt. Nichts war übriggeblieben von dem hellenistischen Glanz der Badetempel vergangener Zeiten. Ende des 2. Jh.v.Chr. wurde unter dem berühmtesten Baumeister seiner Zeit Septimus Severus mit dem Bau der bis ins 10. Jh. bekannten Zenxipposthermen begonnen. Diese Bad wurde im Laufe der Jahrhunderte ein begehrter Ort für Veranstaltungen und zur Erholung. Ein wenig von der einstigen Schönheit der Bäder kam in dieser Zeit wieder, denn das Bad war wie in alten Glanzzeiten der Bädergeschichte mit viel Luxus und Eleganz ausgestattet. 532 brannte es durch den Nika-Aufstand nieder, wurde jedoch wieder aufgebaut. Die Ausstattung blieb aber fortan mehr funktional. Die Therme war bis ins 8. Jh. in Betrieb. Später wurde das Bad verkleinert (ca.15.Jh.) und der freigewordene Grund und Boden beherbergte dann ein Gefängnis und eine Seidenmanufaktur.

Eine zweite Therme in Byzanz stammt aus dem 6.Jh. Bekannt wurde sie unter dem Namen Konstantinstherme. Berühmt wurde sie aufgrund ihrer reichlich ausgestatteten Ikonen- und Bildsäulen. In Byzanz gab es um 424 n.Chr. neun öffentliche Thermen und 153 privat betriebene Bäder. Spätestens im 7. Jh. wurde ihr Betrieb eingestellt. Bis zu dieser Zeit war die Ausstattung im römisch-antikem Stil. Der Boden war mit kostbarem Marmor verkleidet. Mosaike mit Garten- und Jagdszenen, nackten erotischen figürlichen Darstellungen schmückten die Wände. Seit man im l.Jh. mit der Herstellung von Glas vertraut war, wurde diese Fertigkeit auch für den Fortschritt der Thermen genutzt. Von 117-138 war man mit der Herstellung von Glasfenstern so versiert, daß regelrechte Glashäuser in der Bäderarchitektur entstanden. Diese Fenster wurden nach Südwesten oder Süden ausgerichtet. So entstand durch das einfallende Sonnenlicht und die hohe Luftfeuchtigkeit im Innern des Bades ein geradezu tropisches Klima. Nichts war für den Bau öffentlicher Badeanstalten zu teuer. Auch auf das Wohl des Badegastes war man bedacht. Ganze Heerscharen von Bediensteten bemühten sich, den Wünschen der Badegäste gerecht zu werden und ebenfalls deren Sonderwünsche zu erfüllen. Das Angebot reichte von Massage über Epilation, Maniküre und Pediküre. Angeschlossene Kosmetiksalons stillten das Schönheitsbedürfnis der Badegäste. Es wurde gebürstet, gekämmt, gestriegelt und frottiert. Wer sich einen eigenen Sklaven leisten konnte, brachte diesen mit. Er hatte die Aufgabe, das Hab und Gut seiner Herrschaft zu bewachen. Denn Diebstähle waren an der Tagesordnung. Zuweilen besorgten die Badebediensteten auf Wunsch und gegen ein kleines Entgelt ihren männlichen Besuchern "gewisse Damen" für ein "Schäferstündchen".

Mit dem Rückgang der öffentlichen Bäder im 6. + 7. Jh. nahm die Bedeutung der Klosterbäder zu. Diese standen zunächst den Mönchen und Nonnen zur Verfügung, wurden aber nach und nach der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das bedeutete für die Klöster zusätzliche Einnahmen. In der damaligen Zeit kostete der Eintritt für eine erwachsene Person umgerechnet ca. 0,02 DM. Schüler, Studenten und Minderbemittelte zahlten die Hälfte. Bevor die Klöster den Part der öffentlichen Bäder übernahmen, wurden die staatlichen Bäder von Pächtern geführt. Jeder Besucher mußte ein geringes Eintrittsgeld zahlen. Und wenn es die wirtschaftlichen Umstände zuließen, bekamen die öffentlichen Bäder sogar gewisse Zuschüsse, um den Badebetrieb aufrechtzuerhalten. Aber durch politische Wirren war der Staatshaushalt meistens marode und öffentliche Einrichtungen, nicht nur öffentliche Bäder, blieben dabei "auf der Strecke". Noble Thermen dienten in der späteren Zeit als Steinbruch für wertvolle Materialien.

Inzwischen entstanden neue Machtzentren und mit den ethnographischen und religiösen Veränderungen gingen auch kulturelle einher. Im vorderen Orient und in Nordafrika machte sich zunehmend der persische Einfluß bemerkbar. Neue Kunstformen entstanden, nicht zuletzt durch die Kulturströme aus dem Orient. Im 7.Jh. n.Chr. begründete der Prophet Mohammed eine neue Religion - den Islam. Erstmalig, seit dem Untergang des römischen Imperiums entstand eine neue Macht, die sich schnell im Mittelmeerraum verbreitete und neue künstlerische Ausdrucksformen mitbrachte. Nördlich der Alpen entstand wenig später ein neues Kaiserreich : das Heilige Römische Reich deutscher Nation. Während sich im Orient wieder eine hochstehende Badekultur entwickelte, hatte das Bad im Okzident so gut wie keine Bedeutung und führte dort geradezu ein "stiefmütterliches" Dasein. Schon seit Anbeginn der Menschheit und insbesondere in der hellenistischen Zeit und später zur Zeit der römischen Kaiser gehörten Bäder zum öffentlichen Leben. Sie galten als Prestigeobjekte in der ganzen frühbyzantinischen Zeit, bis die Krisen des 6. und 7.Jh. n.Chr. der Tradition ein jehes Ende setzten. Öffentliche Bäder gab es in jeder Stadt. Ihre Zahl zeugte vom Reichtum und Wohlstand des Ortes. Bäder gehörten dazu, wie Läden, Parkanlagen und Häfen. Der Besuch in einem öffentlichem Bad diente der Erholung, Erbauung und Geselligkeit. Dabei spielte die Reinigung und die sportliche Betätigung (sprich Schwimmen) eine secundäre Rolle. Die Bäder waren immer geöffnet, außer bei Wassermangel, bei dem Erdbeben um 458 und beim Tod Konstantins des Großen zur Staatstrauer.Das Bad war auch ein vortrefflicher Ort für politische Diskussionen und Entscheidungen, die äußerst lautstark, wie im Theater oder auf dem Marktplatz, ausgehandelt wurden. Selbst Streitigkeiten in Glaubensangelegenheiten hatten sich auf die Bäder ausgedehnt.

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