MP 15.02 2008 - Unterdruck im Hallenbad
Gemeinsam führten (von links) Bauleiter Sven Neumann vom Architekturbüro Frank und Stirnweiss, Silvia Tratberger, Sachgebietsleiterin Hochbau in der Bauabteilung des Landkreises, Dr. Armin Schwab, Diplom-Physiker der Firma Protherm und Werner Haase vom Architektur- und Ingenieurbüro Haase aus Karlstadt (energetische Projektsteuerung) einen ersten Blower-Door-Test für die Realschulturnhalle und den Eingangsbereich des Hallenbades durch. Dazu wurde die Eingangstür durch eine Apparatur mit Ventilator und Messeinrichtungen ersetzt.

KARLSTADT

Unterdruck im Hallenbad

Auch in der Realschulturnhalle wurde die Dichtigkeit geprüft

Damit das Hallenbad und die Realschulturnhalle nach der Sanierung auch wirklich knauserig mit Heizenergie umgeht, wird derzeit die Dichtigkeit geprüft. Dazu wurde im Gebäude erstmals ein Unterdruck erzeugt.

„Blower-Door-Test“ sagen Fachleute dazu. Die Bezeichnung deutet schon an, dass in der Tür ein Ventilator („Blower“) eingesetzt wird. So einfach ist die Apparatur von Dr. Armin Schwab, Diplom-Physiker bei der Firma Protherm aus Wertheim, freilich nicht aufgebaut. Die Drehzahl des Ventilators lässt sich regeln und es gibt Anzeigeinstrumente für die Druckdifferenz zwischen Innen und Außen sowie für den Luftdurchsatz.

Wie Bauleiter Sven Neumann vom Architekturbüro Frank und Stirnweiss zusammen mit Silvia Tratberger, Sachgebietsleiterin Hochbau in der Bauabteilung des Landkreises, erklärt, belegt der Test auch den Stand der Sanierung: Die neuen Fenster für den Eingangsbereich und die Turnhalle sind eingebaut, bei der Turnhalle ist auch schon die dicke Wärmedämmung aufgebracht. Die eigentliche Schwimmhalle blieb beim ersten Test außen vor, die Turnhalle ist dringender, sie soll nach den Osterferien wieder für den Schulsport zur Verfügung stehen.

Die neuen Fenster sind mit den alten gar nicht zu vergleichen: Dreifachverglast, Jalousien laufen zwischen den Glasscheiben, die Rahmen bestehen aus Holz und Aluminium. Dichtbänder zwischen Fensterrahmen und Mauerwerk und außen aufgeklebte Folien sorgen für einen Luft- und winddichten Einbau.

Die eigentlichen Überraschungen beim „Blower-Door-Test“ waren denn auch woanders zu finden: Aus einem Kabelkanal strömte merklich kalte Luft ins Gebäude, bei leichtem Frost draußen und etwa 15 Grad Celsius drinnen leicht zu merken. Unauffälligeren Schwachstellen kam Dr. Arnim Schwab mit einer Wärmebildkamera auf die Spur: Eindeutig war zu sehen, wo Elektrokabel nach draußen führen und dort derzeit lose enden oder dass einige Dichtungen zwischen Fenster und Rahmen noch nicht richtig funktionieren.

„Wo jetzt kalte Luft hineinzieht, würde später warme und feuchte Luft einströmen, was zu Kondenswasser und Schimmelbildung führen würde“, erklärt Werner Haase vom Architektur- und Ingenieurbüro Haase aus Karlstadt, der für die energetische Projektsteuerung zuständig ist. Dabei würde natürlich auch unnötig Heizenergie verloren gehen.

Die Sanierung ist bei der Deutschen Energieagentur als Pilotprojekt (oder Leuchtturmobjekt) angemeldet, eines von Bundesweit 21. Ziel ist es, den Energiebedarf des Gebäudes gegenüber der jetzigen Energieeinsparverordnung noch einmal zu halbieren. Deshalb gibt es ein sehr billiges Darlehen für die Ausführung. Das spart über die gesamte Laufzeit eine runde viertel Million Euro Zinsen. Die gesparte Heizenergie schlägt mit weiteren 30 000 bis 40 000 Euro weniger Kosten im Jahr zu Buche. Werner Haase spricht von einer bis zwei Millionen Euro weniger Nachfolgekosten bei 30 Jahren Nutzungsdauer. Schon die höheren Planungskosten wurden von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert.

Zur Energieeinsparung gehört nicht nur die Heizung, eine hochmoderne Wasseraufbereitung wird künftig auch dazu führen, dass im Hallenbad nicht mehr durchgehend die Lüftungsanlage laufen muss.

Derzeit sehen die politischen Entscheidungsträger wohl überwiegend die höheren Investitionskosten. „Ich erwarte, dass nach Vorliegen der ersten Ergebnisse in etwa drei Jahren auch woanders neue Wege eingeschlagen werden“, sagt Silvia Tratberger. Allerdings werde es kein „Patentrezept“ geben, sondern für jedes Gebäude müssten individuelle Lösungen gefunden werden.

Auch wenn die Turnhalle schon bald und das Hallenbad nach den Sommerferien fertig sein sollen, der „Blower-Door-Test“ wird nach der Aufarbeitung der Schwachstellen durch die Handwerker noch einmal wiederholt. Diesmal war nur eine qualitative Messung möglich, die aufzeigte, wo es hineinzieht. Beim nächsten Mal muss das Gebäude eine Stunde lang eine Druckdifferenz von 50 Pascal halten, was etwa der Windstärke sechs auf der Fassade entspricht. Damit wird dann nachgewiesen, dass es nirgends mehr hinein zieht, das Gebäude also dicht ist.

Dieses Bild eines Fensters der Realschulturnhalle zeigt beim Blower-Door-Test aufgedeckte Undichtigkeiten in den Ecken. Die blaue Farbe weist auf niedrige Temperaturen (siehe Temperaturskala am rechten Bildrand), weil die beim Unterdruck eintretende kalte Luft die Ecken abkühlt. Der Rest des gut gedämmten Spezialfensters und die Innenwand darunter zeigen hohe Innentemperaturen auf.

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